Göttinger Tageblatt vom 24.11.2022:
Göttinger Tageblatt vom 24.11.2022:Im Flecken Adelebsen soll eine Wald-Kita entstehen – sie wäre im gesamten Landkreis erst die zweite ihrer Art
Im Flecken Adelebsen soll ein Waldkindergarten entstehen. Eine Gruppe von Eltern, Pädagogen und weiteren Unterstützern hat sich diesem Projekt verschrieben. Die Initiatoren haben ihr Vorhaben bereits im Gemeinderat vorgestellt, ebenso in mehreren Ortsräten. Das Echo ist positiv.
Die Idee eines Waldkindergartens ist keineswegs neu. Den ersten seiner Art gab es in Deutschland schon 1968, damals in Wiesbaden. Im Landkreis Göttingen existiert aktuell nur ein Waldkindergarten, und zwar in Osterode. „In der Gemeinde Staufenberg ist ein weiterer Waldkindergarten in der Entstehung“, sagt die Sprecherin des Landkreises Göttingen, Andrea Riedel-Elsner, auf Nachfrage. Sie fügt an: „Vorausgesetzt, die Betriebserlaubnis durch die Landesschulbehörde wird bis dahin erteilt, soll der Betrieb zum 1. Januar des kommenden Jahres aufgenommen werden.“ Für den Kita-Betrieb ausreichende Anmeldungen würden auf jeden Fall vorliegen.
Die Initiativgruppe im Flecken Adelebsen indes verweist auf „eine Menge an bereits geleisteter konzeptioneller Vorarbeit“. Die Gruppe treffe sich seit gut einem Jahr mit viel Freude und Engagement, heißt es. „Auf der Suche nach einem geeigneten Waldgrundstück hat die Elterninitiative bereits eine gemeindeeigene Fläche ins Auge gefasst, die ortsnah und gut zu erreichen ist“, wird in einer Selbstdarstellung formuliert.
Unterstützung vom Land
Der Sozialausschuss der Gemeinde Adelebsen hat am 10. November einstimmig empfohlen, dem Waldkindergarten den Weg zu ebnen. Das heißt, nicht nur ideell, sondern auch finanziell. Eine Betriebserlaubnis hat der Waldkindergarten noch nicht, informiert Gemeindebürgermeister Holger Frase (SPD). Die jährlichen Personalkosten würden bei rund 135 000 Euro liegen. „Das Land beteiligt sich an den Personalkosten, so dass die Gemeinde noch etwa 80 000 Euro aus eigenen Mitteln finanzieren müsste“, erklärt der Bürgermeister.
Es können maximal 15 Kindergartenplätze geschaffen werden. In einem konventionellen Kindergarten sind es maximal 25 Kinder pro Gruppe. Frase: „Leider ist die maximale Betreuung auf sechs Stunden pro Tag begrenzt, während die Eltern einen Anspruch auf acht Stunden kostenfreie Betreuung haben.“ Dies ist in einem Waldkindergarten demnach nicht möglich. „Wer eine achtstündige Betreuung oder länger benötigt, der ist weiterhin auf die konventionellen Kindergärten angewiesen“, stellt Frase klar. Vom Fachkräftemangel und der Reduzierung oder drohenden Reduzierung von Betreuungszeiten einmal zu schweigen.
Auch ein Raum müsste für die Waldkita noch gefunden werden, in den die Kinder bei wirklich schlechtem Wetter ausweichen können. „Weiterhin wird ein Bauwagen benötigt, in dem die Kinder sich aufhalten können und natürlich auch die Mahlzeiten einnehmen“, erläutert Frase. Die Kosten von 100 000 Euro für diesen noch anzuschaffenden Bauwagen soll die Gemeinde ebenfalls tragen, empfiehlt der Sozialausschuss. Wo genau sollen Bauwagen und Waldkita platziert werden? Das sei im Moment noch offen, sagt der Bürgermeister. „Sehr viele Bereiche in der Gemeinde sind besonders geschützt. Dies sind FFH-Gebiete, Biotope, Natura-2000-Gebiete und natürlich auch Hochwasserschutzgebiete.“ Daher könne der Bauwagen nicht einfach „irgendwo“ hingestellt werden.
Natürlicher Lebensraum
Was ist nun das Besondere an einem Waldkindergarten? Das Projektteam führt auf mehreren Seiten die Vorteile an. Da heißt es zum Beispiel: Der Aufenthalt in der Natur ermögliche Kindern ganzjährig Naturerfahrungen und lasse eine tiefe Verbundenheit mit der Natur entstehen. Die sei Voraussetzung für einen „achtsamen Umgang mit der natürlichen Umwelt und für das Erkennen der Bedeutung von Biodiversität“. Wald sei ein natürlicher Lebensraum, „in dem sich der Mensch über Jahrtausende entwickelt hat“.
Die Wald-Kita soll also ein Ort des Spielens sein, aber spielerisch auch ein Ort des Lernens, nämlich etwa dazu, welche Baumarten es gibt, welche essbaren Wildpflanzen, welche Wildtiere und Insekten und wie das Ganze miteinander im Zusammenhang steht. Summa summarum wirke diese Erfahrung auch einer Naturentfremdung entgegen. Hingewiesen wird zudem auf soziale Aspekte, wie der Förderung des Selbstbewusstseins der Kinder, auf das Entwickeln von Kreativität, Eigeninitiative und Rücksichtnahme.
Wenn der Rat der Gemeinde Adelebsen am 1. Dezember zu seiner nächsten Sitzung zusammenkommt (ab 18.30 Uhr im Rathaus), kann das Gremium Nägel mit Köpfen machen. Stellt die Gemeinde das nötige Geld im Haushalt 2023 bereit, „dann kann quasi sofort nach Erhalt der Betriebserlaubnis auch mit dem Betrieb begonnen werden“, sagt Frase. Der Finanzausschuss, der am Dienstag tagte, hat allerdings keine Empfehlung für den Rat gegeben.