Andrea Ströbele, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen
Wer sich ehrenamtlich in der Kommunalpolitik engagiert, der tut das in der Regel, weil er mitgestalten will, also mit dazu beitragen, dass sich das eigene Lebensumfeld, die Gemeinde, in eine gute Richtung weiterentwickelt.
Wie wir heute bereits mehrfach gehört haben, ist der Spielraum zu gestalten nicht gerade groß und wird eher immer kleiner, so dass diese Arbeit oft keinen Spaß mehr macht. Die Infrastruktur ist marode, die Pflichtaufgaben werden immer mehr, die Einnahmen der Gemeinde steigen deutlich weniger als die Kosten. Jüngstes Beispiel ist hier die Sanierung der Kita in Lödingsen: Nach einer Bauverzögerung von 2 oder 3 Jahren ist die aktuelle Kostenschätzung dreimal so hoch wie die ursprünglich dafür eingestellte Summe.
Die Tatsache, dass unser Geld eigentlich noch nicht mal für die Pflichtaufgaben reicht, führt manchmal zu ziemlich absurden Entscheidungen: Z.B. haben wir kürzlich mit der Feuerwehr zusammengesessen und gehört, dass diese durch Klimafolgeschäden immer häufiger und auch mit neuen Aufgaben im Einsatz ist: Es gibt z.B. immer öfter Starkregenereignisse, Sturmschäden, oder auch Waldbrände in Trockenperioden. Dafür braucht es mehr und andere Ausrüstung. Die Unterhaltung der Feuerwehr ist eine Pflichtaufgabe, das stellt auch niemand in Frage.
Die Prävention all dieser Ereignisse, also Klimaschutzmaßnahmen, ist komischerweise aber keine Pflichtaufgabe. So bauen wir im nächsten Jahr für fast 2 Millionen ein neues Feuerwehrgerätehaus in Eberhausen, aber für die Photovoltaikanlage auf dem Dach haben wir kein Geld mehr.
Ein anderes Beispiel: Wir stellen 7 – 10 Millionen zur Verfügung für Abriss und Neubau des St. Martini Kindergartens, mit immensem Ressourcenverbrauch, aber 100 000 € für den Bauwagen in einem Waldkindergarten, eine sehr viel nachhaltigere Lösung, können wir nicht finanzieren, weil angeblich die geschaffenen Betreuungsplätze nicht auf das Pflichtkontingent angerechnet werden.
In meinen Augen gibt es da eine Schieflage!

Trotz alledem ist ja im letzten Jahr auch einiges gelungen:
Mein persönliches Highlight war das Richtfest des Strohballenhauses in Erbsen!
- Dass wir ein solches Leuchtturmprojekt für nachhaltiges Bauen hier in unserer kleinen Gemeinde realisieren konnten, über das sogar im Fernsehen berichtet wird, das Aufmerksamkeit weit über den Landkreis hinaus erregt – darauf bin ich und können wir wirklich stolz sein. Und das dank der Förderung über die Dorfregion sogar für relativ wenig Geld.
- Wir haben ein Klimaschutzkonzept verabschiedet. Auch wenn es bis jetzt nur in der Schublade liegt, für mich steht das auf der Positivseite. Immerhin, wir haben eines, und es liegt an uns, nun Schritt für Schritt Maßnahmen daraus auf den Weg zu bringen.
- Die Sanierung der Grundschule ist abgeschlossen und dort haben wir sowohl eine PV-Anlage auf dem Dach als auch eine klimafreundliche (und langfristig kostensparende) Erdwärmeheizung umgesetzt.
- Der Radweg zwischen Wibbecke und Barterode kann nun endlich gebaut werden. Auch das ein Beispiel für immense Kostensteigerungen, wenn sich die Umsetzung einer Planung verzögert. Auch wenn dieses Projekt umstritten ist – eine funktionierende Radinfrastruktur ist eine Investition in die Zukunft. Dazu gehört auch die Ride & Bike Station am Bahnhof Lödingsen, die ebenfalls zeitnah umgesetzt werden kann.
Der heute zu verabschiedende Haushalt ist, wie auch schon die der letzten Jahre, Ausdruck der schwierigen Finanzlage. Wir mussten an vielen Stellen bis zur Schmerzgrenze sparen und können viel weniger umsetzen als wir alle gern würden. Um uns zumindest einen gewissen Spielraum zu erhalten haben wir uns für eine Erhöhung der Grundsteuer entschieden. Auch das ist uns nicht leichtgefallen.
Dafür konnten wir dann aber doch auch Gelder für einige wichtige Projekte einplanen. Vorrangig für uns Grüne sind dabei folgende:
Wir wollen keine Kompromisse machen bei den Angeboten für die Kinder und Jugendlichen unserer Gemeinde, denn sie sind unsere Zukunft!
- Daher werden wir die Finanzierungslücke für die Ganztagsbetreuung in der Grundschule auffangen, obwohl es eigentlich eine Aufgabe des Landes ist.
- Wir werden die Sanierung der Kita Lödingsen nicht weiter aufschieben und haben die volle Summe dafür in den Haushalt eingestellt.
- Wir haben einen ersten Betrag für die Neugestaltung des Schulhofs eingestellt. Die Umsetzung wird im nächsten Jahr aufgrund der vielen Baustellen (Hallenbad) noch nicht möglich sein, aber wir können zumindest in eine Planung zusammen mit den Kindern einsteigen.
- Wir haben auch Mittel für den Jugendplatz in Lödingsen zur Verfügung gestellt und hoffen, dass der entsprechende Förderantrag bewilligt wird.
Wir wollen den Klimaschutz bei allen Planungen und Projekten mitdenken.
- Weiterer Versiegelung von Flächen, also z.B. für ein Gewerbegebiet am Stöcken, werden wir nicht zustimmen. Stattdessen setzen wir uns für eine Sanierung und Neuerschließung der Ladestraße ein. Eine erste Bodenuntersuchung wurde beim Landkreis in Auftrag gegeben.
- Wir sind dabei, ein neues Konzept für die Grünflächenpflege zu etablieren. In einem ersten Schritt hat der Bauhof alle öffentlichen Grünflächen aufgelistet, im nächsten Schritt wird es darum gehen zu schauen, wie wir hier Ressourcen einsparen können und gleichzeitig die Artenvielfalt/Insektenfreundlichkeit fördern, z.B. indem seltener gemäht wird.
Einige Dinge sind nicht gut gelaufen und manche „Baustellen“ finden sich in diesem Haushalt (noch) nicht:
- Wir müssen besser werden, was die Verlässlichkeit der Kinderbetreuung in unseren Kitas angeht. Im vergangenen Jahr gab es viel zu viele Ausfallzeiten und Notgruppen. Das kann so nicht bleiben und der Verweis auf den Fachkräftemangel ist mir da zu einfach. Eltern haben einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Ohne Verlässlichkeit ist z.B. eine Berufstätigkeit nicht möglich. Da müssen wir Lösungen finden mit Vertretungskräften o.ä.
- Über den Ausbau des ÖPNV wurde lange nicht gesprochen, obwohl auch da in unserer Gemeinde Luft nach oben ist. Da bin ich der Initiative für die Wiedereinführung des Anrufsammeltaxis auch dankbar, dass sie dieses Thema wieder auf den Tisch geholt hat. Einen entsprechenden Antrag an den Rat gibt es nämlich bereits aus dem Jahr 2021 – der ist nur irgendwo versandet… Meine Fraktion wird sich jedenfalls für die Wiedereinführung des AST einsetzen.
- Bei der Photovoltaik heißt es oft, dass die gemeindeeigenen Anlagen nicht wirtschaftlich seien. Da müssen wir neue Möglichkeiten nutzen, z.B. der Eigenvermarktung, damit der Ausbau von erneuerbaren Energien nicht am Geld scheitert.
- Wir brauchen endlich ein Jugendzentrum oder zumindest einen angemessenen Jugendraum für Adelebsen. Es kann nicht sein, dass es bald in jedem Ortsteil hier ein Angebot gibt und der größte, der Hauptort wird komplett vergessen. Wir müssen aktiv überlegen, wo wir z.B. in unseren Bestandsgebäuden geeignete Räume zur Verfügung stellen können.
Für das kommende Jahr wünsche ich uns allen eine konstruktive Zusammenarbeit!
Vielen Dank fürs Zuhören!